ausschnitt aus dem interview mit wirtschaftsprofessor urs birchler in der gestrigen sonntagszeitung.
SZ: Laut Nationalbank hat die CS 1,7 Prozent Eigenkapital, die Bank selber sieht sich bei 20 Prozent. Wie ist eine solche Diskrepanz möglich?
Birchler: Es ist, als stelle man zwei Leute auf die Waage und messe bei einem das ganze Körpergewicht, beim andern jedoch nur den Fettanteil. Die SNB rechnet mit der ganzen Bilanzsumme, die CS nur mit den sogenannten risikogewichteten Anlagen. Eine riskante Anlage wird dort zu 100 Prozent gezählt, eine weniger riskante wie ein Hypothek nur zu 25 Prozent und ein Kredit an einen Staat mit noch weniger.
SZ: Das erscheint sinnvoll. Nicht alle Anlagen sind gleich risikoreich.
Birchler: Die Logik wäre richtig. Das Problem ist aber, dass Risikomodelle nie perfekt sind. Erstens schlagen in einer Krise vermeintlich unabhängige Risiken gleichzeitig zu. Zweitens hinken Modelle der Wirklichkeit hinterher. Kredite an Staaten beispielsweise sind heute trotz Schuldenkrise kaum mit Eigenkapital unterlegt. Drittens gibt es immer Ritzen, in denen eine Bank auch ohne Eigenmittel grosse Risiken eingehen kann. Offenbar ist die Nationalbank der Ansicht, dass die Banken diese Risiken nicht genügend zurückgefahren haben.
SZ: Wie stabil sind die Schweizer Banken, wenn man die Bilanzsumme zum Massstab nimmt?
Birchler: Die Schweizer Banken verfügen im internationalen Vergleich auf die Bilanz bezogen über eine sehr dünne Kapitaldecke. Wenn man diese auf die Körperoberfläche bezieht, dann stehen die beiden Banken im Tanga da.
SZ: Machen sie darin wenigstens eine gute Figur?
Birchler: Nein. Nur das Nötigste abdecken reicht im Bankgeschäft nicht. Sonst müssen wir bald noch über Nacktwandern diskutieren.zum schluss noch eine bemerkung zur zukunft des bankenplatzes schweiz:
SZ: Wie sehen Sie die Zukunft des Finanzplatzes?
Bircher: Der Bankensektor hatte historisch zwei Höhepunkte, 1927 und 2007. Heute ist er noch immer aufgebläht. Er wird international schrumpfen, und er wird in der Schweiz schrumpfen. Heute steht ein Dutzend Schweizer Banken zum Verkauf, aber aus Angst vor Altlasten will sie niemand übernehmen. Die Redimensionierung hat erst begonnen. Die Krise ist dann vorbei, wenn ein Sekundarlehrer wieder gleich viel verdient wie ein Bankprokurist.
das ganze Interview: "Die Credit Suisse und die UBS stehen im Tanga da"
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