03.08.2011

Franken-Euro-Intervention: Die Irrwege der Nationalbank

solange ein patient (eu/euro) im koma liegt, nutzen fitnesskurse (franken-abschwächung) wenig


schuldenmachen lohnt sich wieder, sparen nicht: um den franken zu schwächen senkt die schweizer nationalbank den leitzins nahezu auf null. die häuslebauer wirds freuen, die sparer werden bestraft. dies alles nur, weil die kleine schweierzische nationalbank einmal mehr das gefühl hat, im alleingang den franken gegenüber dem euro schwächen zu können.


über mehrere monate hinweg versuchte die nationalbank nach der finanzkrise erfolglos mit massiven euro-zukäufen den anstieg des frankens gegenüber dem schwächelnden euro zu stoppen. erfolglos, wie sich zeigte. die staatsbank sitzt auf abermillionen zu teuer gekauften euros und muss riesige währungsverluste verbuchen. 10.8 Mio alleine im ersten halben jahr 2011. der jahresabschluss 2010 belief sich auf ein defizit von 19.2 mia franken.
die kantone müssen auf millionen-ausschüttungen der nationalbank verzichten. leidtragende sind die steuerzahler. wenn den kantonen das budgetierte geld fehlt, werden sparmassnahmen und gebührenerhöhungen fast unumgänglich, was wiederum die bevölkerung zu spüren bekommt.

nichts dazugelernt: dass die nationalbank heute wieder reagierte, um den massiven wertverlust des euro (wechselkurs durchbrach in den letzten 24 stunden für kurze zeit die 1.08 grenze)  zu stoppen, ist einerseits verständlich. wirtschaft, politiker und auch gewerkschafter singen seit wochen das hohe lied einer drohenden wirtschaftskrise, der steigenden arbeitlosenzahlen. von anbindung des frankens an den euro, von kampf mit negativzinsen gegen die währungsspekulanten, von steuererleichterungen für das gewerbe war unter anderem die rede.

die nationalbank hat nun den leitzins gegen null gesenkt, gleichzeitig gibt es für banken, die das von der nationalbank "erworbene" geld gleich wieder bei der nationalbank anlegen wollen, keinen zins mehr. damit will man erreichen, dass das geld in den umlauf gelangt.

profitieren werden von den leitzinsenkungen in erster linie die schuldenmacher. unternehmen, die kredite aufnehmen wollen oder müssen, zählen zu den gewinnern. ebenso häuslebauer und hausbesitzer. sie profitieren von extrem tiefen hypothekarzinsen. die nationalbank pusht damit die gefahr einer "immobilienblase".

verlierer sind die pensionskassen, die immer mehr mühe haben werden, ihr geld möglichst sicher und doch zinsbringend anzulegen. zu den grössten verlierern zählen ausgerechnet die vorbildlichen sparer. ihr sparverhalten wird mit tiefstzinsen nahe der 0%-grenze bestraft. sparen lohnt sich kaum mehr. sollte die immobilienblase platzen, so dürften noch weit mehr zu den verlierern dieser tiefstzinspolitik werden.

problem nur aufgeschoben: dass die nationalbank reagierte, ist einerseits irgendwie verständlich. dass sie aber aus den fehlern der vergangenheit nicht lernte, höchst erstaunlich. die idee, in der momentanen desaströsen lage der eu, im alleingang das erstarken des schweizer frankens gegenüber dem euro mit an und für sich sinnvollen massnahmen stoppen zu können, grenzt an grössenwahn. rund 4 billionen dollar werden tagtäglich weltweit gehandelt. das sind einmalige 50 mia auf den markt geworfene franken ein peanut. die nationalbank kann momentan den anstieg des frankens höchstens für kurze zeit bremsen, egal was sie unternimmt. das ansteigen der arbeitslosenzahlen bremsen oder die probleme der wirtschaft mindern, lässt sich mit solchen abschwächungs-interventionen auf die dauer nicht. europa ist langfristig zu stark geschwächt, als dass ein weiteres absinken des euro in den nächsten monaten verhindert werden könnte. solange ein patient im koma liegt, nützen fitnesskurse wenig

update 17 uhr: meine prognose scheint sich zu bewahrheiten: nachdem der euro nach der ankündigung der nationalbank von 1.08 bis 12 uhr auf über 1.11 angestiegen war, sank er nun bereits wieder auf 1.0945. wirkung also bereits wieder verpufft?
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Natinalbank will den starken Franken bändigen (tagesanzeiger)
Wechselkurs zum Euro wird sich bei 1.15-1.20 einpendeln (20 minuten)
update 18:30 Uhr: tagesanzeiger schliesst sich nun meiner kritik an:
Nationalbank setzt auf Placebo
update 4.8.11: 18 uhr: euro bereits wieder unter 1.09. aktuell 1.0867. die situation wird sich noch verschärfen, weil der franken nun noch verstärkt als krisensichere währung gilt und die aktienflüchter sich nebst gold mit franken eindecken.

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