25.07.2009

"Mohrenkopf" und "Mohr im Hemd" rassistisch?

typische wiener süssspeise "mohr im hemd"
in der schweiz ist die in der umgangssprache immer noch "mohrenkopf" oder selten "negerkuss" genannte süsspeise sehr beliebt, in österreich kennt man ein ähnliches produkt unter dem namen "mohr im hemd". darf man diese begriffe noch verwenden, ohne gleich in diskriminierungs- oder rassismusdebatten verwickelt zu werden?
in österreich ist aktuell eine grosse debatte über die verwendung eines solchen namens entbrannt. auslöser war die firma eskimo, die mit cremissimo à la mohr im hemd eine neue eiskreation benennt, I will mohr! lautet der werbeslogan dafür. nun hagelte es massive proteste, was dazu führte, dass der werberat nun den slogan prüft und "eskimo" den umstrittenen werbespruch von der homepage nahm.
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tpyischer schweizer "mohrenkopf"

bei uns schweizern stösst sich kaum einer an der bezeichnung "mohrenkopf" auch wenn diese produkte in den läden kaum mehr so bezeichnet werden. "kiss" oder "schokokuss" machen sich da schon besser. in der umgangssprache spricht aber jeder weiterhin von den "mohrenköpfen". auch die suchmaschine bei grossverteiler migros findet unter "mohrenkopf" die gemeinten, jedoch umgetauften produkte.

allerdings muss ich zugeben, dass ich, als einer, der die österreichische süssspeise "mohr im hemd" nicht einmal vom hörensagen kennt, die bezeichnung dumm finde. ich assoziiere damit automatisch "ein schwarzer, ausnahmsweise im hemd", denn schwarze tragen ja schliesslich sonst keine solch noblen kleidungen. genauso dürfte es leuten gehen, die die aus frankreich stammende süssspeise "mohrenkopf" oder "negerkuss" nicht kennen.

ist es "huMohrlos", wenn man sich am "mohr im hemd" stört, wie rainer innreiter in seinem blog meint (link unten)? oder sollte man die marken-begriffe mal überdenken? darf ein produkt einen - im weitesten sinne diskriminierend oder rassistisch angehauchten namen behalten, nur weil er sich über ein jahrhundert eingebürgert hat und vor der eigentlichen rassismusdebatte lanciert wurde? ich denke, eine firma, die ein produkt wie den mohrenkopf, aus dem später der negerkuss wurde, aus rücksicht auf die ganze rassismusdebatte in "kiss" oder "schokokuss" umtaufte, geniesst sympathien und wird das produkt genau gleich oft verkaufen, wie zuvor. und wer weiss, vielleicht findet man ja auch für den "mohr im hemd" eine unbedenklichere bezeichnung. vorschläge in den blogkommentar.

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ergebnis der blogumfrage zum thema.
hintergrund: "ich will mohr" - Werberat prüft standard.at
kommentar aus der bloggerszene: HuMohrfreie Zone (rainer innreiter)
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beiträge über diskriminierung oder rassismus (nicht alle satirefrei):

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wie wäre es mit "Süsser Vulkan"? Man könnte die Form noch leicht anpassen.

quantensprung hat gesagt…

Unlängst las ich auf meinen Streifzügen durchs Netz so ungefähr, die Welt sei in vielerlei Dingen verkehrt: Michael Jackson wollte ein Weisser sein, aus Barack Obama habe man einen Schwarzen gemacht.

Die 80er-Jahre sind vorbei, wo mit «Where is the beef?» noch weltweite Verzückung generiert werden konnte. Heute wird Werbung problematisiert, insbesondere wenn man sonst nichts Gescheites zu schreiben hat.
Der Medienexperte Norbert Bolz zum Sommerloch in WELT ONLINE: «Im Sommerloch macht auch der sogenannte «News-Value» Urlaub, der besagt, dass nur das eine Nachricht wert ist, was einen Neuigkeitswert hat und auch belegbar ist.»

Nun denn, das Sommerloch scheint manchmal in der Tat zu sein wie ein Kinderhemd: Kurz und verschissen.

Leute mit dem Familiennamen «Mohr» sollten sich zudem sofort umbenennen lassen, da sie eine Schande für die ganze Welt und zudem Rassisten sind.
Hier nur ein Auszug für Deutschland (Mohr eingeben):
http://christoph.stoepel.net/geogen/v3/Default.aspx

Historisch gesehen sind (eventuell) hingegen auch all diese Mohrs Opfer einstiger Betrachtungsweisen etwas dunklerer Hautfarbe und schwarzer Haare. Die Frage, ob sie nun Täter oder Opfer oder beides zugleich sind, wird sich erübrigen, sobald sich die Herbstwinde eingestellt haben.
Prekär für diese Mohrs könnte es allerdings werden, sollten sie einen «Mohren im Hemd» als Nachspeise vorgesetzt kriegen: Sie wären gezwungen, sich selber zu verspeisen. Wären sie zudem Hemd-Verweigerer zugunsten von T-Shirts, sähen sie sich gemüssigt, dem Mohren vor dessen Auffressen das Hemd vom Leibe zu reissen – ein barbarischer Akt ungeahnter Dimensionen.

Etwas Versöhnen mit der Sache kann man sich vielleicht, wenn man bedenkt, dass es in Bern (Schweiz) einen «Chindlifrässer-Brunnen» (Kindleinfresser-B.) gibt.
Und wo war vor 500 Jahren das Sommerloch?

Infomagazin hat gesagt…

Diese mit Schoko überzogene weisse Zuckerschaum (Mohrenköpfe)
war ja früher in Österreich eher als Schwedenbombe bekannt. Die Schwedenbombe verschwanden nicht aufgrund der Proteste von Schweden, sondern weil es heute die Firma (Niemetz) nicht mehr gibt. Die Schokoküsse (deutsche Bezeichnug)gab es mit schwarzer Schoki-, hellbrauner Schoki- und mit Kokosstreusel auf Schokiglasur. Im Gegensatz dazu gibt/gab es im Angebot von Eskimo schon seit Jahrzehnten den Mohr im Hemd. Einfach gesagt ein Schokoküchlein mit Nüssen, welches im Wasserbad gegart wird und mit flüssiger Schokolade und Schlagobers (Sahne) trapiert, serviert wird. Mohr im Hemd zählt zu einer der beliebtesten Nachspeisen in Österreich, schon seit Jahrzehnten.

Mir unverständlich, dass sich heute plötzlich ein paar Leutchen auf den Schlips getreten fühlen. Vielleicht, weil ihnen Herr Steinbrück das Schwarzgeld, welches sie mit schwarzer Arbeit verdient haben, nicht mehr so einfach weiss waschen lässt. Geht es um den Mohr, dem Markenzeichen der Firma Julius Meinl, dann müsste man einige Karl May Bücher umschreiben. Ich möchte ja nicht für die Zukunft schwarzsehen – aber wenn ich mir denke , dass dann plötzlich die Appenzeller ihren Käse umbennen müssen, detto die Emmentaler usw. , finde ich dann doch übertrieben. Daran würde auch ein schwarzer Papst nichts ändern.

ixiter hat gesagt…

Aufgrund der Political Correctness sollte sich ein Wort wie Schokokuss durchsetzen.
Umgangssprachlich wird aber immer noch vom Mohrenkopf oder Negerkuss gesprochen.
Da Werbung und Medien eine starke öffentliche Wirkung haben, sollte dort m.W. auch immer vom Schokokuss die Rede sein. Das angeführte Beispiel vom "Mohr im Hemd" ist ignorant und respektlos. Man darf dabei ja nicht vergessen, dass Mohr und Neger keine Eigenbezeichnungen dieser ethnischen Gruppen ist, sondern von den Kolonialherren verwendet wurde.

Die Umgangssprache hat damit nichts zu tun. Sie wandelt sich ständig.
Umganssprachlich spricht man ja auch vom dem oder den Bullen, der Polyp oder wie hier in Köln von der Schmier oder der Bleu (gespr. Blöh, wie im frz.). Keine Werbung oder Zeitungsartikel würde aber von Bullen, Polypen oder Sternchensammlern sprechen, wenn es um Polizisten geht.

Man stelle sich vor, der Begriff "Internetfuzzi" wäre ein abfälliges Synonym für Blogger. Weiter stelle man sich vor, das Blogger ein gemeinsames Charakteristikum hätten, das sich einfach versinnbildlichen ließe. Weiter stelle man sich vor, es würde jemand ein Massenprodukt auf den Markt bringen, das dieses Charakteristikum aufgreift und verballhornt, und dieses Produkt "Internetfuzzi" nennt.
Ich glaube der Aufschrei in der gesamten Blogosphäre wäre riesig.

Demnäxt heißt das Croissant dann Froschfresserhörnchen und die Pizza Mafiafladen?
Schweizer Käse wird zur verfaulten Bergkuhmilch und englisches Bier zum Inselaffengebräu?

In der Umgangssprache im privaten Raum, ist sowas tolerierbar. Man kann sich dem entziehen, wenn es einem nicht gefällt oder es unmittelbar diskutieren.

Im öffenlichen Sprachgebrauch haben solche Formulierungen aber nichts zu suchen.

lupe hat gesagt…

at alle:
interessante, humorvolle und äusserst lesenswerte begründungen für und gegen eine änderung.

persönlich schliesse ich mich ixiter an: umgangssprachlich mache ich niemandem eine vorwurf, wenn er diese begriffe verwendet.
trotzdem, wer nicht mit gewissen österreichischen kaffeesorten aufgewachsen ist und jene wiener süssspeise nicht kennt, für den hat der begriff "mohr im hemd" einen schalen nachgeschmack, wenn er ihn zum ersten mal hört.

ixiter hat gesagt…

Abschließend möchte ich aber noch feststellen, dass die satirische Verwurstung natürlich immer erlaubt ist.

Anonym hat gesagt…

Die Schwedenbomben heissen in Österreich weiterhin Schwedenbomben und werden noch immer von der Firma Niemetz produziert. Schönen Gruß aus Wien-Landstraße, dem Sitz der Firma Niemetz.

Anonym hat gesagt…

Also ich werde den Negerkuß weiterhin Negerkuß nennen und es wird mich ganz sicher niemand mit seinem Political-Correctness-Gewäsch davon abbringen.

Man kann auch alles übertreiben, also wirklich. Genauso wie der Sarotti-Mohr, der plötzlich der Sarotti-Magier sein soll.

(Und ixiter, Pizza heißt hier bei mir umgangssprachlich eh schon Mafia-Torte.)

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