20.07.2009

Die rührende Wegweishilfe an Spitälern

In gewisser Weise sind wir alle Todestouristen, jeder tritt mal seine letzte Reise an, die einen früher die andern später.
Am besten sind jene dran, die unverhofft und schnell irgendwo in den Pampas sterben, denn sie müssen nicht erleben, als letzten Lebensakt einem Spital mit all seinen lieben Mitarbeitern geschadet zu haben.
Denkbar schlecht sind jene dran, die dem Tod bloss nahe sind, vom Sensenmann aber sicher demnächst Besuch erhalten, denn es darf nicht gestorben werden, zumindest nicht in einem Spital.
So steht das in der NZZ vom 19.07.2009 betitelt mit "Sterben verboten" von Michael Furger.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erstellt Statistiken und vergleicht die Anzahl der Patienten in Kliniken mit der Anzahl der dort Verstorbenen. Die Qualität eines Spitals leitet das Amt ab aus der Regel:
  • Viele Patienten und wenig Tote: Spital von hoher Qualität.

  • Wenig Patienten und viele Tote: Spital von tiefster Qualität, schon fast eine Tötungsstation.

Sterben verbotenDie Sache scheint denn etwas schlicht zu verlaufen:
Sollte nun jemand sterbenskrank sein, und erdreistete sich, zur Linderung der Leiden oder sogar in der Hoffnung auf eine Spontanheilung in ein Spital zu gehen, riskierte er, dort gar nie anzukommen, da ihn keiner haben will. Sein Tod könnte die Qualität und natürlich den guten Ruf der betreffenden Einrichtung schwerst beeinträchtigen.

Weil Kranke von Spitälern nicht im Stich gelassen werden dürfen, werden die Sterbenden schlicht weitergewiesen zum nächsten Krankenhaus. Sollte dort die Qualität gerade nicht die beste sein, möchte man sie nicht weiter versauen und schickt Todesanwärter gleich weiter ins dritte Spital.
Dabei kümmern sich diese Einrichtungen rührend um unerwünschte Patienten: Sie sind vernetzt, hacken in ihren Datenbanken herum, telefonieren, diskutieren und schwadronieren stets mit dem Ziel, die ungebetenen Gäste rasch loszuwerden.

Stirbt der Todkranke in einem Wagen vor dem Spital während der Wegweishilfe, hat das Haus echt Schwein gehabt: Gestorben ist nicht im Spital geworden sondern davor, das "Qualitätssiegel" hat keinen Schaden erlitten. Welch ein Segen.
Hat der Todesanwärter die Prozedur hingegen gerade noch überstanden, wird er weitergefahren, von Station zu Station, und wenn ein bisschen Glück hat, fasst er auf der sich sanft wiegenden Pritsche des Krankenwagens seine Flügelchen und tritt die letzte Reise an, irgendwo zwischen Genf und Zürich, zwischen Porrentruy und Poschiavo.


SterbeparkingWeiterführend dürfte man ruhig auf Staatsgebiet Sterbeparkings einrichten, auf denen weggewiesene Kranken- und Pivatwagen mit Sterbenden auf deren letztes Stündlein warten dürfen. Solche Bauten wären denn letztlich auch vom Treibstoffverbrauch her kostensparend, da Todkranke insbesondere der Unter- und der Dritten Klasse ohnehin zu teuer sind.

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