13.05.2009

Theodor W. Hadorno, Teilchenbeschleuniger

vor einer knappen woche entschied österreich, aus kostengründen aus dem europäischen kernforschungszentrum CERN in genf auszusteigen. gestern wurde eine petition gegen den ausstieg österreichs aus dem kernforschungs-projekt freigeschaltet und bereits 6000 unterschriften kamen zusammen. grund genug, einmal einen intimeren blick in die grösste teilchenbeschleunigungsanlage der welt zu werfen: christof brassel hat für uns einen system-controller in genf besucht.
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Theodor W. Hadorno

Theo Hadorn ist System-Controller im LHC in Genf. Tag für Tag beschleunigt er Teilchen im gigantischen Teilchenbeschleuniger. Wie viele andere Beschleunigungs-Fachleute ist er selber nur ein kleines Teilchen dieses Large-Hadrone-Colliders .... Warum heisst das Ganze eigentlich nicht Large-Hadorn-Collider? Warum eigentlich nicht? Aber eben: leider ist Theo Hadorn im Collider selber nur ein winziges Teilchen, ein einsamer Hadorn inmitten von Millionen von Hadronen, Leptonen, Quarks und Quadronen auf unerbittlichem Kollisionskurs.

In aller Herrgottsfrühe blättert Theo Hadorn in den hochglanzbedruckten Kollisionskursunterlagen und löffelt versonnen an seinem Rahmquark mit Erdbeeraroma. Seit Jahren rammt er die Quarks täglich in seinem Collider; und manchmal hat Hadorn wirklich den Verleider mit dem Collider, obschon ihm seine Kollisionskollegen jeden Morgen eine gute Kollision wünschen. Nicht einmal an seinem Rahm-Quark hat er noch Freude. Allmählich gerät er in eine regelrechte Anti-Quark-Stimmung. Und so löffelt er dann halt einen Anti-Quark mit Anti-Erdbeeraroma. Aber dazu müsste er eigentlich auch noch ein Anti-Gipfeli und einen Anti-Kaffee haben. Einen koffeinfreien Anti-Kaffe mit einem Schuss Anti-Alkohol drin, und darin aufgelöst ein Anti-Depressivum.

Und dann würde Theo Hadorn so richtig in eine Anti-Depression verfallen. Er wäre nicht mehr nur ein namenloses Teilchen; er wäre das Ganze; und er wüsste. „das Ganze ist das Unwahre“, aber das wäre ihm vollkommen egal, vollkommen wurscht. Auch wenn beim Large-Hadrone-Collider der worst-case eintreten sollte, wäre ihm dies vollkommen wörscht; denn jetzt wäre er ja nicht mehr nur der namenlose Theo Hadorn, sondern vielmehr der weltberühmte Theodor W. Hadorno, und die Dialektik der Aufklärung würde endlich zu ihrer triumphalen Vollendung kommen. Die Teilchen würden ihm, und nur ihm allein, ihr fantastisches Geheimnis preisgeben. Er, der weltbewegende Forscher Theodor W. Hadorno würde die flüchtigen Teilchen disziplinieren und in den Griff bekommen. Im Namen der Wissenschaft wird er die Natur der Menschheit endlich definitiv gefügig machen. Er wird die Natur zu einem ultimativen Geständnis zwingen. Aber anstelle des ultimativen Geständnisses wird die geschundene Natur tausende von Geständnissen ablegen, und jedes wird sich vom vorangegangenen unterscheiden. Aber er, der Star-Forscher Theodor W. Hadorno, wird nicht locker lassen und mit den lügenhaften Teilchen voll auf Kollisionskurs gehen. Seine ganze Forscher-Ehre und Karriere stehen auf dem Spiel. Er will es finden, das ultimative Terminator-Teilchen, koste es, was es wolle...

Wird er das Rätsel der Welt auflösen? Oder wird er nebst dem Rätsel auch gleich noch die ganze Welt auflösen? Oder werden ihm die Teilchen gerade noch rechtzeitig einen Kollisions-Crashkurs über die Dialektik der Aufklärung erteilen? Vielleicht wird Theo Hadorn gerade noch rechtzeitig aus seiner Anti-Depression aufwachen, ohne gleich wieder in jene Depression zurückzufallen, in der er sich wie ein Depp vorkommt. Bei einem gemütlichen, völlig unbeschleunigten Frühstück mit Butterbrotonen, Quarkmüesli und Leptonensaft werden ihm dann womöglich Abermilliarden von quirligen Teilchen in seinem Bauch mitteilen, dass das Geheimnis mit Gewalt nicht zu knacken ist, und dass dazu der Collider leider nicht weiterhilft. Aber in den Kathedralen der Wissenschaft wird man diese Äusserungen der Quarks als völligen Quark abtun oder gar als Quarksalberei verdammen. Wer wird denn ernsthaft einen Dialog mit einem Quark aufnehmen wollen, da kann man sich ja die beste Forscherkarriere vesauen. Jedenfalls sind wir gspannt, wie es weitergeht, und ob es überhaupt weitergeht. Wird Theo Hadorn seinen Allmachtstraum bis zur Entfesselung des Terminator-Teilchens verwirklichen, oder wird er in angeregtem Gespräch mit seinem Frühstücksquark den Geheimnissen des Seins auf die Spur kommen?

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gastautor und verfasser der "homestory" über den teilchenbeschleuniger hadorno ist christof brassel, liederpoet aus stein am rhein, schaffhausen. momentan tourt er mit seinem neuen programm "abgründige balladen aus dem universum, vor und nach dem urknall" durch die sphären.
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mehr zum österreichischen cern-ausstieg:
Österreich: bereits 6000 Unterschriften gegen CERN-Ausstieg (futerzone)
Österreich darf das CERN nicht verlassen! (datenschmutz.net)
CERN-Ausstieg: Was jeder tun kann (georg holzer-blog)
Hahn kräht aus Schilda: CERN-Ausstieg Österreichs (maerkzettel-blog)

1 Kommentar:

Robert hat gesagt…

es gibt nun auch eine Online-Demo gegen den CERN-Ausstieg Österreichs: http://bitly.com/X0Zib - bitte mitmachen & weitersagen! Danke Robert

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