Foto: Eckart Grenzer
Süddeutsche: 50 Jahre Sommerloch
Künstler: Eckart Grenzer
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Geschichten tragen in ihrem Wesen das Geheimnisvolle, und man weiss nie genau, ob sie nicht einem verqueren Hirn entspringen, ob nicht sehr viel Seemannsgarn verstrickt wurde oder sie schlicht einer blühenden Phantasie entspringen.
Die folgende Geschichte beruht auf reinen Tatsachen, soweit ein Sommerloch solche erlaubt.
Nachdem der Schweizer Bundesrat sein Sommer-Reislein glücklich beendet hatte, machte sich auch Toni Brunner, Präsident der Schweizerischen Volkspartei, mit ausgewählten Delegierten auf zu einem Ausflug. Aus ausserordentlichen Pietätsgründen durften auch deren Lebenspartnerinnen und Ehegattinnen mitmachen.
Frohen Mutes zog die muntere Schar des Weges bis zu jenem fatalen Augenblick, als unter dem fröhlich jodelnden Toni plötzlich der Boden nachgab. Da alle ihrem Toneli folgten, verschwand die ganze Delegation im Nirgendwo.
Für jene, die an Zeitmaschinen glauben, mag es so gewesen sein, als seien die Raum-Zeit-Gesetze aufgehoben worden, für jene, die an das real existierende Sommerloch glauben, ist die Sache klar: Ein Teil der SVP-Spitze versank im Sommerloch.
In dessen tiefstem Punkt angekommen, fanden sich alle in Dangast wieder, wenige Meter entfernt vom Grenzstein-Phallus, erst sanft ruhend, dann verzückt, schliesslich voller Pläne und Tatendrang.
Christoph Mörgeli kommt als erster zu sich, und guckt, und guckt und guckt, und in ihm dröhnt es: Vom medizinischen Standpunkt her unmöglich! Vom historischen her plausibel. Inkas? Mayas? Wikinger? Ägypter? Hottentotten? …? …?
Da ruft der Toni: «Phantastisch! Unsere Zukunftsmetapher! Den brauchen wir! Bombastisch, hoch und lang, nachhaltig, nahezu unzerstörbar!» Es entwickelt sich ein wildes Geschrei der Bewunderungen, Fische und Vögel nehmen Reissaus, der Wellenschlag hält inne, bis einer klar meint:
Männerstimme 1:«Ein Nachbau auf der Rütliwiese ist denkbar.»
Ulrich Giezendanner: «OK, ich regle alles, was den Transport betrifft.»
Christoph Mörgeli: «Ich übernehme die anatomischen Beratungen und die medizinische Betreuung.»
Da meldet sich unverhofft die Stimme einer enorm mutigen Frau, ganz aus den hintersten Rängen. Man hat ihr auch schon Klugscheisserei und mangelnden Einsatz im Haus und am Herd vorgeworfen:
«Der funktioniert nicht an Eurem Standort. Das ist der Phallus im Meer der Weiblichkeit! Die Rütliwiese ist zu klein, zudem ist sie kein Meer!»
Männerstimme 1: «Aha? Vielleicht im Meer der Berge»
Männerstimme 2: «Berge ist männlich»
Männerstimme 1: «Es heisst aber die Berge»
Männerstimme 2: «Ist Plural»
Viele Männerstimmen: «He?»
Männerstimme 2: «Mehrzahl! Es heisst: Der Berg»
Viele Männerstimmen: «Aha!»
«Wir gestalten das Matterhorn um! Steinmetze und Steinhauer sind genügend da, ferner schafft das Arbeitsplätze.»
«Matterhorn geht nicht, ist ein nationales Kennzeichen!»
«Das Stockhorn! Mit einem Aufbau von etlichen Metern wäre es ein Element im Alpenmeer. Wenn der Giezendanner liefert, brauchen wir bloss noch einen Konstrukteur, so wegen der Statik und so.»
Christoph Mörgeli: «Ooooh, schaut Euch das an. Ooooh, ich kann nur immer wieder schauen. Ooooh! So erhaben, so monumental, so einmalig, so genial und so genital.»
Toni Brunner: Wischt sich eine Träne weg.
Stimme der extrem mutigen Frau: «Funktioniert alles nicht, die Alpen besitzen keine Gezeiten! Die Umarmungen durch das Meer des Weiblichen kommen und gehen.»
Ulrich Giezendanner: Wischt sich den Schweiss von der Stirne.
Toni Brunner: «Wir sind die Schweiz. Wir sind ein Binnenland. Ein passendes Meer samt diesen Gezeiten ist reiner Überbau. So oder so, ist das rein ideelles Zeug. »
Während die Männer eher ratlos an den Horizont starren, ist Bewegung in die hinteren Reihen der Frauen gekommen, sie strecken die Köpfe zusammen, tuscheln, bis sich eine Lösung abzubilden scheint.
Chorus der Frauen: «Der SVP-Phallus im Tränenmeer!»
Damit war auch das Sommerloch zufrieden und spuckte die Delegation wieder aus. Der Toni jodelte weiter, und weiss bis heute von nichts. Der Mörgeli hing weiter seinen Recherchen nach, und weiss bis heute von nichts. Einzig der Giezendanner empfand etwas Merkwürdiges, konnte bis heute aber nicht sagen, was das sei.
Und die Frauen? Aber ja doch! Sie waren ja dabei und haben alles mitbekommen. Nun stärken sie sich, um spätestens im nächsten Sommerloch in den vordersten Rängen zu sein.
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