04.08.2007

Zeitungen und ihre Pseudoblogs

als zeitungs- und zeitschriftenfetischist verbringe ich durchschnittlich jeden tag ein bis eineinhalb stunden mit dem lesen der tageszeitung. sie bietet inspirationen für spätere blogbeiträge. im gegensatz dazu lese ich online-tageszeitungen fast nur, wenn ich via news-ticker oder einen anderen blogger-beitrag auf einen solchen artikel stosse. gäbe es keine gedruckten tageszeitungen, mir würde am morgen etwas fehlen. ich denke, so geht es den meisten bloggern.

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wie es scheint, wird die blogosphäre von den tageszeitungen immer mehr als eine ernstzunehmende konkurrenz wahrgenommen. anders ist es nicht zu erklären, dass inzwischen grössere tageszeitungen innerhalb ihres online-auftrittes zusätzlich einen bis mehrere zeitungs-blogs führen.

bild via blick-blog
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allerdings handelt es sich bei den meisten dieser kreationen um pseudoblogs. was sich etliche firmen in letzter zeit zu eigen machten (einen blog zu betreiben, um zusätzliche kunden auf die seite zu holen), reisst jetzt auch bei den online-zeitungen ein. anstatt, dass ein zusätzlicher zeitungsartikel innerhalb der zeitung platziert wird, hängt man denselben einfach in eine blogspalte. nichts von direkter besucher-ansprache, nichts vom frech-frischen blogger-stil. das einzige, was jenen artikel von einem ordinären zeitungsbeitrag unterscheidet, ist die kommentarfunktion, die aber meist nur nach einem ausführlichen anmelde- und registrierungsprozedere zu erreichen ist, was wiederum wahre blogger davon abhält, sich rege am kommentieren zu beteiligen.
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diese zeitungs-blogs kommen oft so genre-untypisch daher, wie wenn aldi eine bankfiliale betreiben würde. einige tageszeitungen haben inzwischen bemerkt, dass ein blog-post nicht ganz dasselbe ist, wie ein zeitungsartikel. sie sind dazu übergegangen, erfahrene blogger einzustellen.
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zeitungen und blogger müssen verstärkt konstruktiv zusammenarbeiten. sie sollten sich nicht als konkurrenten sehen, sie müssen vermehrt versuchen voneinander zu profitieren. während blogbetreiber in posts immer wieder beiträge aus tageszeitungen zitieren oder kommentieren und damit mit zur popularität und bekanntheit jenes artikels beitragen, findet dies umgekehrt kaum statt. warum schalten zeitungen nicht richtige blog-spalten wie "tour de blog" oder "blog-splitter" als feste bestandteile ihrer zeitschrift? warum nicht jeden tag zwei originelle oder interessante blogbeiträge aus der blogosphäre veröffentlichen? beide seiten profitieren davon. der erwähnte blogger, aber auch die zeitung, weil sie keine eigenen pseudoblogbeiträge mehr generieren muss. die zürcher gratiszeitung "heute" macht dies bereits, wobei dort eh nur die wenigsten artikel eigenproduktionen sind.
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also, auf zu einer fruchtbaren zusammenarbeit zwischen printmedien und bloggern.
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gutes beispiel eines medienblogs: tagesschaublog
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zum thema bloggen siehe auch:
Woher holen Blogger Inspirationen?
"DiGG"-en, "YiGG"-en" oder "PLiGG"-en?
Blog-Ranglisten (Sinn und Unsinn)
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blog-parade zum thema "tageszeitungen" bei: patje.de

7 Kommentare:

Köbi Bünzli hat gesagt…

hmmmm, mach ich mich jetzt zum narren, wenn ich anfüge, die abendzeitung heute habe schon eine blog-spalte? glaube schon, war ja von tageszeitungen die rede...

Anonym hat gesagt…

nein du hast recht, "heute" macht dies so viel ich weiss bereits, komme leider (oder zum glück?) nicht in den genuss dieser abendzeitung, da das verteilgebiet eingeschränkt ist.

Anonym hat gesagt…

.. habe deinen hinweis gleich noch eingebaut, mit dem hinweis, dass gratis-pendlerzeitungen eh praktisch keine eigenen artikel drucken.

Goggi hat gesagt…

Der Umstand, dass Tageszeitungen von Bloggern profitieren ist sogar statistisch belegt. Ich vermute sogar, dass die drei, viel Autoren, die bei Pligg Blick-Artikel als Perlenstücke verbreiten, auch beim Blick angestellt sind.

Dabei sollte es doch umgekehrt sein: Die grossen (guten!9 Zeitungen sollten vom Wissen un virallem ihrer regionalen Bindung profitieren und diese mit einbeziehen.

Ein Grund übrigens, warum ich nur gute Beiträge schreibe. Irgendwann profitiere ich davon. Oder würde einer einen Job bei der NZZ ablehnen? Geld bekommen für's bloggen?

Monsieur Fischer hat gesagt…

sehr gut auf den punkt gebracht. aber ich zweifle - nach diversen gesprächen mit print-verantwortlichen - daran, dass die zeitungen überhaupt daran interessiert sind. da nimmt man lieber irgendwelche c-promis und lässt sie bloggen oder vertraut auf den internen multimedia-fritz. und der klaut sich dann seinen content in der blogsphäre kurzerhand zusammen.

schade irgendwie!

Anonym hat gesagt…

Der Facts-Tod ist zu beklagen, aber wenigstens ist dadurch der Facts-Pseudoblog mitgestorben. Der Tagesanzeiger macht ab und zu einen Versuch, aber DISKUTIERT wird dann nicht. Siehe z. B. Hugo-Stamm-Blog, der schreibt was, sammelt 400 Kommentare (oder so), antwortet aber nur höchst selten.
Es scheint, dass die Zeitungen die Blogs vor allem als Paste-Angelegenheit wahrnehmen. Hat auch damit zu tun, dass viele Journalisten mit dem Internet immer noch böse überfordert sind.

Anonym hat gesagt…

@goggi
pass nur auf, dass du deine guten beiträge nicht plötzlich dem kommerz oder dem nzz-rufer opferst.
:-)

@mfischer: wenn ein zeitungsblogger eine gewiefte feder hat und einen zeitungsblog auch als blog gestaltet, so stört mich dies nicht.

@anonym: bei 400 kommentaren möchte ich auch nicht jedem antworten müssen. aber du hast recht: einen post nur reinhängen und kommentare ansammeln lassen, gehört sich nicht.

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